Malaria – ein tödlicher Stich für hundertausende von Menschen. Rede zum Welt-Malaria-Tag

Malaria – ein tödlicher Stich für hundertausende von Menschen. Rede zum Welt-Malaria-Tag

Geschätzte Anwesende

Vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich, heute als Politikerin und Ärztin vor Ihnen sprechen zu können.

Malaria ist zwar nur ein kleiner Stich, der aber tödlich enden kann. Die infizierte Mücke ist das tödlichste Tier für den Menschen, weit gefährlicher als Schlangen oder Krokodile. Die Erreger, sogenannte Plasmodium-Parasiten, werden durch Stiche der weiblichen Anopheles-Mücken übertragen. Diese sind vor allem abends und nachts aktiv und müssen selber durch einen Stich an einem infizierten Menschen angesteckt worden sein. An Malaria erkrankte Menschen werden von Fieberkrämpfen geschüttelt, von Übelkeit und Durchfall geplagt und vom Tod bedroht.

Malaria ist die häufigste Tropenkrankheit und eine der Haupttodesursachen in armen Ländern. Die Krankheit bestimmt den Alltag der Menschen, egal ob gesund oder krank. Die Zahlen sind erschreckend: Fast die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Gebieten mit Malariarisiko. Rund 250 Millionen Menschen infizieren sich jährlich damit und über 600’000 sterben daran. Betroffen sind vor allem Kinder und schwangere Frauen; in gewissen Gebieten stecken sich bis zu 25 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren an. Jede Minute stirbt ein Kind an Malaria. Insbesondere der afrikanische Kontinent hat mit dieser heimtückischen Infektionskrankheit zu kämpfen – neun von zehn Malariaopfern kommen aus Afrika. Dabei ist Tansania eines der am stärksten betroffenen Länder der Welt. Dort lebt über 93 Prozent der Bevölkerung in Gebieten, in denen Malaria auftritt.

Auf Einladung der Swiss Malaria Group reiste ich deshalb anfangs April mit sechs weiteren Nationalrätinnen nach Tansania, um mir vor Ort ein Bild über verschiedene Projekte zu machen, die sich dem Kampf gegen Malaria verschrieben haben. Dabei stand das vielfältige Engagement von Schweizer Organisationen wie SolidarMed, dem Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut, der DEZA, Novartis, der Produkteentwicklungspartnerschaft Medicines for Malaria Venture und Drugs for Neglected Diseases im Zentrum.

In Tansania leben viele Menschen weit weg von einer medizinischen Versorgung, die sie sich in vielen Fällen zudem gar nicht leisten können.  In den Gesundheitszentren fehlt es häufig an medizinischen Instrumenten, ausreichend Wasser und Platz für die Erkrankten. Im Kampf gegen Malaria braucht es deshalb einen umfassenden Ansatz, der auf Zivilbevölkerung, Zugang und Zusammenarbeit setzt.

Malariabekämpfung ist dann wirksam, wenn sie die Betroffenen – die Zivilbevölkerung – auch erreicht und die Menschen in ihrem Kampf gegen Malaria unterstützt. Eine lokale, verbesserte Gesundheitsversorgung mit ausreichend ausgebildetem Gesundheitspersonal ist deshalb von grosser Bedeutung. Auch mit Prävention wie Moskitonetze oder Händewaschen kann sehr viel erreicht werden.

Darüber hinaus ist zentral, dass der Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle bezahlbar und erreichbar ist. Eine Möglichkeit bietet der Community Health Fund, eine lokale Krankenversicherung. Eine Familie bezahlt je nach Region 5000 bis 15’000 Tansanische Schilling, das sind umgerechnet 2.50 – 7.50 Franken. Die öffentliche Hand verdoppelt diesen Betrag und die Familie erhält Zugang zu einer medizinischen Erstbehandlung, inklusive Medikamenten. Dieser Ansatz kann aber nur gelingen, wenn private Pharmakonzerne nicht auf Kosten der Kranken Profit zu machen versuchen und Medikamentenpreise in die Höhe treiben.

Als drittens ist für eine wirksame Malaria-Bekämpfung das Zusammenspiel von beteiligten Akteuren elementar. Mich hat die enge und vorbildliche Zusammenarbeit zwischen Schweizer Organisationen wie dem Tropeninstitut und Forschern und Forscherinnen aus Tansania sehr beeindruckt. Gemeinsam arbeiten sie an einer umsetzungsorientierten Forschung und Entwicklung, um so verbesserte Medikamente, Impfungen, Diagnoseverfahren, Präventionsmassnahmen wie Moskitonetze oder Insektizide zu finden. Die Schweiz spielt in der Malariabekämpfung eine wichtige Rolle, indem sie zum Beispiel das Forschungszentrum Ifakara Health Institute mitfinanziert. In diesem Forschungszentrum, das über 1000 Arbeitnehmende beschäftigt, werden Wissen, Innovation und Engagement vereint. So entwickelt das Institut  zum Beispiel eine Moskitofalle, deren Produktion zurzeit zwar noch zu teuer ist, aber die zukunftsweisend sein kann.

Dank diesem gemeinsamen, internationalen Engagement wurden erste Erfolge erzielt. Die Ausbreitung von Malaria konnte, selbst in entlegenen Gebieten, mit koordinierten Massnahmen und Kontrollen gesenkt werden. In ganz Tansania wurden dank lokalen Netzwerken seit 2004 über 55 Millionen Moskitonetze verteilt. Hunderttausende Menschen konnten so gerettet werden.

Doch Malaria bleibt, wie andere vergessene Krankheiten, in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung der Zukunft. Einerseits fördern der Klimawandel und die zunehmende Widerstandsfähigkeit der Erreger die Ausbreitung der Infektionskrankheit. Andererseits ist es zentral, sich nicht auf den erreichten Erfolgen auszuruhen, sondern weiterzumachen. Dies bedingt auch eine nachhaltige Finanzierung, wobei gerade reiche Länder wie die Schweiz besonders in der Verantwortung stehen.

Die Bekämpfung von Malaria ist nicht nur eine medizinische Herausforderung, sondern eine Frage des Kampfes gegen die Ungleichheit auf der Welt. Malaria ist eine Krankheit der Armen. Trotzdem sollen sich Pharmakonzerne dafür interessieren, einen Impfstoff oder ein Medikament dagegen zu entwickeln. Dank Medicines for Malaria Venture und Drugs for Neglected Diseases hat sich ein Pharmaunternehmen in Tansania etabliert, das Medikamente, die nicht unter Patenschutz stehen, gegen Malaria entwickelt und produziert. Paradoxerweise kann dieses Pharmaunternehmen diese Medikamente jedoch nur in Ländern wie Tansania verkaufen.

Armut ist nicht nur Ursache von Malaria, sondern auch eine direkte Folge davon. Wer wenig Geld hat, kann sich weder die notwendigen Präventionsmassnahmen wie zum Beispiel ausreichend Wasser und Moskitonetze, noch die nötigen Medikamente und Behandlung im Falle einer Erkrankung leisten. Und wenn Kinder oder Erwachsene krank sind, können sie nicht in die Schule oder zur Arbeit. Können sie nicht arbeiten, haben sie kein Geld, um sich Medikamente und die notwendige Behandlung leisten zu können. Ein Teufelskreis. Es kann und soll also nicht nur darum gehen, einen Impfstoff oder ein wirksames Medikament gegen Malaria zu entwickeln. Ebenso wichtig ist es, die Lebensumstände der Menschen zu verbessern, Arbeitsplätze zu schaffen und für alle eine Perspektive zu ermöglichen.

Meine Damen und Herren, ich bin leidenschaftliche Politikerin und Ärztin. Nach meiner Reise nach Tansania bin ich überzeugter denn je: Malaria kann nur mit dem nötigen politischen Willen, medizinischem Wissen, internationaler Solidarität, ausreichend finanziellen Ressourcen und gemeinsam mit den Menschen vor Ort besiegt werden.

Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich für Ihr Interesse und Ihr Engagement bedanken.

Rede gehalten in Basel anlässlich des Welt-Malaria-Tages 25. April 2015, auf Einladung der Swiss Malaria Group 

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