Auswirkungen des Klimawandels auf die Menschen in den Alpen; mögliche Handlungsfelder im Güterverkehr zur Reduktion derselben
Rede von Marina Carobbio, Vizepräsidentin der Alpen-Initiative, Nationalrätin, anlässlich des Feuers in den Alpen am 11. August 2018 auf Pardiel / Pizol
Liebe Freunde der Alpen, liebe Unterstützerinnen, liebe Gäste
Der Klimawandel wirkt sich stark auf die Alpen, auf die Gletscher, auf die Blumen und die Tiere aus, wie wir von Maren Kern soeben gehört haben. Wahrgenommen wird dies in der breiten Öffentlichkeit immer dann, wenn grosse Naturkatastrophen eintreten. Für uns Bewohnerinnen der Alpen bringt der Klimawandel jedoch weit mehr negative Konsequenzen mit sich: Unser Alltag, ja unser Leben wird sich möglicherweise grundlegend verändern.
2018 ist ein extremer Hitzesommer mit grosser Trockenheit – es ist heisser als im bisherigen Rekordsommer 2003, und seit dem Frühling hat es an vielen Orten kaum geregnet. Solche Extreme könnten in Zukunft häufiger auftreten. Daran werden sich auch die Menschen in den Alpen anpassen müssen: sei es in der Landwirtschaft oder im Tourismus, wenn es im Winter weniger Schnee gibt und im Sommer kaum Regen fällt. Gewisse Einkommen werden wegfallen, neue müssen erschlossen werden. Diese Vorgänge lösen Veränderungen und somit Unsicherheiten aus. Die Betroffenen können in der Folge von Zukunftsängste geplagt werden, das psychische Wohlbefinden und somit die Lebensqualität werden beeinträchtigt.
Als Ärztin mache ich mir grosse Sorgen um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Menschen. Geschwächte, Kinder und ältere Menschen sind davon besonders stark betroffen. Hitzewellen, die stärkere Ausbreitung von übertragbaren Krankheiten und die Effekte auf Pollen und weitere Allergene sind für diese Bevölkerungsgruppen eine zusätzliche Belastung. Gerade in den Bergen sind die Menschen aber auch direkt an Leib und Leben bedroht: Starke Regen nach grossen Trockenheit beispielsweise erhöhen das Risiko für Überschwemmungen, Murgängen und Schlammlawinen. Die durch den Verkehr bewirkte Umweltbelastung, insbesondere in Bezug auf die Feinstäube im Winter und auf den Ozon im Sommer, verursachtet gesundheitlichen Folgen, vor allem die kardiologischen und onkologischen Folgen, die in mehr als hundert wissenschaftlichen Veröffentlichungen über stark belasteten Strassen bestätigt wurden. Zudem werden im Laufe des ganzen Jahres die in den verschiedenen Verordnungen festgesetzten Grenzwerten in gewissen Regionen überschritten. Es ist der Fall im Mendrisiotto, wo die Luftschadstoffe vor allem auf die schwächsten Bevölkerungsschichten – Kinder und ältere Menschen – auswirken
Es ist allerhöchste Zeit, dass wir Massnahmen ergreifen, um die Erwärmung des Klimas zumindest zu bremsen. Der CO2-Ausstoss muss in allen Bereichen massiv reduziert werden. Bei den Gebäuden zum Beispiel wurden seit 1990 schon grosse Fortschritte erzielt, der CO2-Ausstoss wurde um über 30 % gesenkt. Anders sieht es beim Verkehr aus. Als Vize-Präsidentin der Alpen-Initiative fordere ich primär eine weitere Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Ich finde es aber sehr stossend, dass es für Lastwagen bisher keine Reduktionsziele für CO2 gibt. Die Folge davon: Ein neuer Lastwagen verbraucht heute noch gleich viel Diesel wie ein Modell, welches 20 Jahre alt ist. Der CO2-Ausstoss hat sich nicht verringert. Das ist absurd, wenn man sich vorstellt, welche technologischen Fortschritte es in dieser Zeit gegeben hat – zum Beispiel bei den Mobiltelefonen…
Als Nationalrätin befürchte ich, dass sich daran in nächster Zeit nichts ändern wird: Aktuell diskutieren wir im Parlament die Revision des CO2-Gesetzes. Reduktionsziele für Lastwagen sind im Vorschlag nicht vorgesehen. Es ist wahrscheinlich, dass dies auch nach der Beratung so sein wird.
Es ist aber nicht nur an der Politik, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Wir alle können etwas tun. Ein wichtiger Beitrag ist der Kauf von lokal hergestellten Produkten. Denn ein Blick auf die von der Alpen-Initiative für den «Teufelsstein»-Preis nominierten Kandidaten zeigt: es gibt eine Unmenge an absurden Transporten. Viel zu viele Güter werden kreuz und quer über den Globus transportiert. Die Kandidaten für den «Bergkristall»-Preis zeigen: es geht auch anders. Kurze Wege und hohe Transparenz bezüglich der Transportwege helfen mit, die Belastung für das Klima zu reduzieren.
Was es also braucht, ist eine Klimapolitik, welche auch den (Strassen-) Güterverkehr in die Verantwortung nimmt, und ein konsequentes Handeln von uns allen: Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene, Effizienzvorschriften für Lastwagen und ein Konsum von Produkten, welche lokal hergestellt wurden. Davon profitieren die Alpen, ihre Bewohnerinnen und Bewohner– und natürlich auch die restliche Weltbevölkerung.
